ARMIN SCHREIBER
KUNST-PATERNOSTER
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Peter Nagel: Kinderspiele der Erwachsenen
     

Peter Nagel Lauter Ballons

Lauter Ballons,1966

Dezember 1943, Weihnachtsmärchen: „ Ein in feurigen Farben Rot, Gelb, Orange aufleuchtendes, wild herumgestikulierendes Hutzelmännchen krächzte mit bösartigem Kichern sein ´Ach wie gut, dass niemand weiß …´ und so weiter: Dieser optische und akustische Eindruck hat sich so in meiner Erinnerung eingebrannt, dass er mich und meine Malerei ohne Zweifel geprägt hat.“

Auf augenfällige Spuren jener Prägung durch Rumpelstilzchen, von der Peter Nagel im Zuge eines Interviews spricht, stößt man fortlaufend in seiner großen Retrospektive, die unter den Titel „50 Jahre Malerei“ noch bis zum 21. November in der Stadtgalerie Kiel zu sehen ist. Angesichts der über 70 Bilder wird offensichtlich, dass Spitzenwerke vornehmlich in solchen Phasen entstehen, wo er Elemente dieser frühen Stempelung auf die Leinwand transponiert. Während sein Kollege Dieter

Peter Nagel Schmollende

Schmollende im Webpelz,2004

 Asmus – wie Peter Nagel Mitbegründer der Gruppe Zebra – generell auf Form fixiert ist, läuft Nagel dann zu besonderer Form auf, wenn Farben die Inszenierung übernehmen. Unübersehbar bereits in den frühen, noch an Jean Dubuffet und Lucebert orientierten Arbeiten, entpuppt sich dieses Faible für suggestives Kolorit in den realistischen Bildern (ab 1965) als Wirkungsfaktor Nummer eins.

Nicht von ungefähr greift Nagel auf selbst angerührte Eitempera, ein leuchtstarkes, farbintensives Medium, zurück.

 

Nicht zufällig gehören bunte Bälle, Ballons, Bauklötze und mechanische Vögel zu den Star-Utensilien seiner Gemälde: Gegenstände und Interieurs aus der Baby-, Kinder-, Freizeitwelt, die jedwede Einfärbung erlauben. Durch originelle, eindringliche Kolorierung offenbaren sie ihre Ambivalenz, ihre alltagsfantastische Wirkung ebenso wie das, was von ihnen an optischer Banalisierung ausgeht.

Peter Nagel Gefärbte Männer

Herr P. wird ganz blass,2001

„Gefärbte Männer“? Oft werden auch Nagels Figuren – bei der gemalten Darstellung einer Performance etwa – in Rot, Blau oder Gelb getaucht, wie überhaupt theatralische Momente zu den bevorzugten Sujets gehören. Seine

Sprung vom roten Stuhl,1991

Protagonisten, häufig Anzug tragende Herren mittleren Alters, zeigt er bei kindlichen Feierabendaktivitäten, beim „Fadenspiel“, beim Balancieren oder „Sprung vom roten Stuhl“. Desorientiert wirken sie und scheinen zu ahnen, dass sich die glücklichen Momente ihrer Kindheit so nicht herbeizwingen lassen.

Eine beeindruckende Ausstellung: Hinfahren, anschauen!

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Kunstzeitung 11/2010

     
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