ARMIN SCHREIBER |
KUNST-PATERNOSTER |
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Moebius: Strategie des Wahnsinns?
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James Tissot, "Jésus tenté dans le désert", um 1890 | ||||||
„Wie bei vielen Jungen überall in der Welt war meine Jugend ein einziger Western.“ Nicht nur seine Jugend! Denn mit 32 hatte Jean Giraud – inspiriert auch durch seine Reisen nach Mexiko - bereits ein Dutzend „Aventures du Lieutenant Blueberry“ gezeichnet, bevor er 1971 in der durch Asterix & Co. gesponserten Comic-Zeitschrift „Pilote“ mit einer SF-Story als Moebius in Erscheinung trat. Heute gehört er zu den wenigen Weltstars der Szene: „40 jours dans le désert B“ ist neben „Garage Hermétique“ die wohl beste s/w-Arbeit des Künstlers. 1999 erschienen und schnell vergriffen, wurde sie jetzt in neuer Ausstattung wieder vorgelegt.
40 Tage in der Wüste B: Anders als in der
biblischen Geschichte (Math. 4. 1-11), bringt hier ein gehörnter,
präkolumbisch wirkender Flug-Fetisch die Geschehnisse in Gang. Bei
heißem Mittagslicht taucht er im Blickfeld eines meditierenden Mannes
auf und evoziert in dessen Kopf die Umformung amorpher
Naturerscheinungen in ein lebhaftes Meeting exotischer Erostessen. Nach
einigen Modifikationen lösen sich die Gestaltungen auf, verschwinden im
Sog eines Gewittersturms und die Bühne wird frei für weitere Visionen.
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In 70 grandiosen, ganzseitigen Zeichnungen und immer neuen, kurzen oder längeren Sequenzen entfaltet sich eine fremdartige Welt, zeigt ihre Fauna, Flora, ihre Architektur und technoiden Artefakte. Auf Ansichten öffentlicher Plätze mit stehenden, schwebenden Menschen, Mutanten und Maschinen folgen private Momente wie die Begegnung des tätowierten Mannes mit einer mythischen Tiergestalt. Große Gedanken-Gebilde über „Lieben und Sterben“ etc. werden gekontert durch kleine Szenen am Rande: dem Flirt etwa zwischen einer weiblichen Maske und dem Totenkopf im Wüstensand.
Abgesehen von ein paar Wörtern, die als Dekor zu sehen sind, taucht verbale Sprache nicht auf! Das fehlende Gerede gibt der „Story“ eine besondere Art von Lautlosigkeit, konditioniert den Betrachter für die Aufnahme der Bilder. Die kann man „lesen“ als Manifestation künstlerischer Arbeit oder – wie es der Untertitel anbietet – als eine „Strategie des Wahnsinns“. Oder bewundern als Teil des von Moebius erstellten Parallel-Universums, in dem Kunst jene Form der Magie ausbildet und wirksam werden läßt, die – so Picasso –„ zwischen der seltsamen, feindlichen Welt und uns vermitteln soll."
Kunstzeitung 05/2002 |
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