ARMIN SCHREIBER
KUNST-PATERNOSTER
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Teddys Trumpf






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Junger Kragenbär, den Kurz-Comic von Robert Gernhardt antizipierend
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Plötzlich hagelte es Meldungen und Meinungen zum Göttinger Kulturbetrieb. Was den Händelfestspielen Jahrzehnte lang nicht gelungen war, schaffte jetzt ein kleiner Teddy innerhalb von 14 Tagen. Und dies, obwohl er - ein bronzefarbenes Kunstobjekt des Kasseler Bildhauers Gerd Böttcher - nichts Herziges ausstrahlte wie weiland „Knut“ im Berliner Zoo.

Er hatte einen anderen Trumpf – in der Hand sozusagen. Böttchers  skulpturale Umsetzung von Robert Gernhardts Bär, der  – denkmalisiert – seinen Schöpfer ehren sollte, dieser Kragenbär, in Rückenansicht zu Papier gebracht und per Reim („Der Kragenbär, der holt sich munter/einen nach dem anderen runter“)  enttarnt: Er, nun ja, er onanierte. Das reichte, um die klappernde Mechanik des altehrwürdigen Empörungsrituals in Gang zu setzen.

Der Kulturausschuss des Rates der Stadt stellte sich seiner Verantwortung und plädierte gegen die Aufstellung des Denkmals. Eine durchaus fruchtbringende Entscheidung, die durch Böttchers Statement, er habe auf „Details im Schritt“


 

ausdrücklich verzichtet, mit zusätzlicher Aufmerksamkeit versorgt wurde. Denn kurz darauf  breitete sich das allerherrlichste Medienecho aus wie bei den Brüdern Grimm der süße Brei. FAZ, taz, HAZ – bis  hin zum „Schwarzwälder Boten“ war alles vertreten und für die Skulptur. Konnte da der Kulturausschuss in seiner Ablehnung verharren?  Am 18. September 2014 votierte er für die Sockelung des Bären.

Gernhardts Kragenbär
Link zur Abbildung

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Happy End? Verknüpft mit seiner krass formulierten Notiz über die Art der Beschäftigung des Protagonisten, präsentiert Gernhardt einen 6-Panel-Kragenbär-Comic im Gestus einer flüchtig hingeworfenen Zeichnung. Ostentativ: Keine Drehung der Figur, sondern sechs Mal der vibrierende Rückenakt. Was im nicht einsehbaren Bereich passiert, bleibt verborgen. Mit diesem Umstand spielt Gernhardt virtuos. Eulenspiegelige Diskretion gegenüber dem Kragenbär? Augenzwinkerndes Anzapfen der Fantasie-Ressourcen seiner Leser?

Böttchers Kragenbär
Link zum Foto

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Witzig war Böttchers nachgereichte Bemerkung (s.o.). Seine Skulptur allerdings verfehlt den Spirit der Gernhardtschen Zeichnung. Warum überhaupt mußte aus Zweidimensionalem Dreidimensionales werden?

Schade, dass die Göttinger, in deren Mauern gustatorische Drei-Sterne-Kunstwerke wie die Torte „Sarah Bernhard“ (Moccakrem auf Nussböden) fabriziert werden, diese ästhetische Frage nicht besser beantworten konnten.

 

Kunstzeitung 11/2014

 

 
       
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